Diagnostik und Therapie der Unipolaren Depression (ICD-10: F32 / F33)

1 Diagnostik und Therapie der Unipolaren Depression (ICD-...
Author: Kinge Gest
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1 Diagnostik und Therapie der Unipolaren Depression (ICD-10: F32 / F33)Vorlesung, Seminar, PoL, UaK (F2, F3) Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Diagnostik und Therapie der Unipolaren Depression (ICD-10: F32 / F33) Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Zentrum für Psychosoziale Medizin Universitätskrankenhaus Hamburg-Eppendorf (UKE)

2 Vorlesung, Seminar, PoL, UaK (F2, F3) Erstellung des Inhalts:Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Erstellung des Inhalts: Prof. Dr. Martin Lambert  Lehrbeauftragter Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Zentrum Psychosoziale Medizin Universitätsklinikum Hamburg-Eppendorf (UKE) Martinistr. 52, Hamburg Gebäude W37 Tel.: Fax:

3 Teil 1: Unipolare DepressionKlinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Teil 1: Unipolare Depression

4 Überblick Übersicht zum Krankheitsbild Grundlagen TherapieKlinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Übersicht zum Krankheitsbild Grundlagen Epidemiologie Diagnostik: u.a. Symptomatik, Komorbidität, Entstehung Diagnostische Kriterien nach Leitlinien nach ICD-10 Differentialdiagnostik nach ICD-10 Therapie Prävention / Früherkennung Pharmakotherapie Psychosoziale Therapie Verlauf und Prognose

5 Übersicht zum KrankheitsbildKlinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Übersicht zum Krankheitsbild

6 Einteilung depressiver Störungen nach ICD-10 und DSM VAffektive Störungen Manische Episoden (F30) Bipolare affektive Störungen (F31) Depressive Episode, rezidivierende depressive Episoden (F32, 33) Anhaltende affektive Störungen (F34) Zyklothymia (F34.0) Dysthymia (F34.1) Sonstige affektive Störungen (F38) Gemischte Episode (F38.0) DSM V Affektive Störungen Depressive Störungen Major Depression Dysthme Störung Depressive Störung NNB Bipolare Störungen Bipolar I Störung Bipolar II Störung Zyklothyme Störung Bipolare Störung NNB Substanz-induzierte affektive Störungen

7 1-Jahres-Prävalenz depressiver Störungen in Europa (2005 / 2011)Stabile 1-Jahres-Prävalenz von 6.9% Wittchen et al. European Neuropsychopharmacology (2011) 21, 655–679

8 Betroffene mit depressiven Störungen in Europa (2005 / 2011)2005: 18.4 Millionen Betroffene 2011: 30.3 Millionen Betroffene Wittchen et al. European Neuropsychopharmacology (2011) 21, 655–679

9 Erkrankungen mit den meisten Lebensjahren mit Behinderung in Europa 20112011 rangierte die depressive Störung unter allen psychischen und neurologischen Erkrankungen auf Platz 1! Wittchen et al. European Neuropsychopharmacology (2011) 21, 655–679

10 Grundlagen: EpidemiologieKlinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Grundlagen: Epidemiologie

11 Übersicht zum Krankheitsbild der unipolaren DepressionKrankheitsaspekt Wissen Lebenszeitprävalenz 16-26 % Punktprävalenz 5.6 % Geschlechterverhältnis w > m, ca. 2 : 1 Erkrankungsalter In jedem Lebensalter, 50 % vor 30. Lebensjahr nach 60. LJ Ersterkrankung selten Wichtige Komorbiditäten Angst- und Panikstörung 30–50 % Suchterkrankungen 30–60 % gehäuft: Essstörungen, somatoforme Störungen, Persönlichkeitsstörungen, Zwangserkrankungen Erblicher Faktor Verwandte von Patienten: Risiko 5-fach Leitlinien APA 2010, NICE 2004, S3-Leitlinie der DGPPN 2009 Quellenangaben: Voderholzer, U., Hohagen, F. Therapie psychischer Erkrankungen. Elsevier, 2013

12 Diagnostik: u.a. Symptomatik, Komorbidität, RisikofaktorenKlinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Grundlagen: Diagnostik: u.a. Symptomatik, Komorbidität, Risikofaktoren

13 Depressive Episode (nach ICD-10)Klassifizierung: leicht (F32.0), mindestens 2 Haupt- und 2 Zusatzsymptome mittel (F32.1), mindestens 2 Haupt- und 3-4 Zusatzsymptome schwer; ohne/mit psychotischen Symptome (F32.2./F32.3) alle drei Haupt, und mind. 4 Zusatzsymptome, davon einige schwer Mindestdauer der Episode: etwa 2 Wochen Hauptsymptome depressive Stimmung Interessenverlust, Freudlosigkeit Antriebsmangel, erhöhte Ermüdbarkeit Zusatzsymptome verminderte Konzentration und Aufmerksamkeit vermindertes Selbstwertgefühl und Selbstvertrauen Gefühl von Schuld/Wertlosigkeit negative und pessimistische Zukunftsperspektiven Suizidgedanken und - handlungen Schlafstörungen verminderter Appetit

14 Diagnostische Einteilung (nach ICD-10)Diagnostische Entität F32 Depressive Episode F32.0 Leichte depressive Episode F32.1 Mittelgradige depressive Episode F32.2 Schwere depressive Episode ohne psychotische Symptome F32.3 Schwere depressive Episode mit psychotischen Symptomen F33 Rezidivierende depressive Störung (RDS) F33.0 RDS, gegenwärtig leichte Episode F33.1 RDS, gegenwärtig leichte Episode, gegenwärtig mittelgradige Episode F33.2 RDS, gegenwärtig leichte Episode, gegenwärtig schwere Episode ohne psychotische Symptome F33.3 RDS, gegenwärtig leichte Episode, gegenwärtig schwere Episode mit psychotischen Symptomen F34 Anhaltende affektive Störungen F34.0 Zyklothymia F34.1 Dysthymia

15 Entstehungsmodell affektiver StörungenGenetische Belastung Ungünstige frühkindliche Erfahrungen Irritierbare, selbstunsichere Persönlichkeit Geringe Stressresistenz Geringe Bewältigungs-/ Problemlösefähigkeit Fehlendes soziales Netzwerk Akute und / oder chronisch psychosoziale Belastung „ gemeinsame Endstrecke“ Symptome einer affektiven Störung

16 Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie

17 Therapieziele Depressive Episode RezidivneigungKlinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Depressive Episode Rezidivneigung Kurzfristig (Stunden bis Tage) Akute Linderung von Angst, Unruhe und Insomnie Verhinderung suizidaler Handlungen Mittelfristig (Tage bis Wochen) Besserung von Stimmung, Antrieb und Denkvermögen Beseitigung psychosozialer Belastungsfaktoren Längerfristig (Wochen bis Monate) Verhinderung eines raschen Rückfalls in der vulnerablen Zeit nach Remission (Erhaltungstherapie) Verhinderung von Chronifizierung und Therapieresistenz Wiedererlangung von sozialer Kompetenz mit Reintegration in Familie, Beruf und Gesellschaft Langfristig (Jahre) Verhinderung von Rezidiven und Chronifizierung

18 zunehmender Schweregrad der ErkrankungBehandlungsphasen Remission Rückfall Wiedererkrankung Euthymie × Slide: Verlaufsphasen einer unipolaren Depression nach Kupfer. Die Akutphase der Behandlung umfasst die Response, d.h. das Ansprechen auf das Medikament, definiert als einen Rückgang auf der HAM-D Skala um 50%, sowie das Erreichen der Remission, definiert als HAM-D Wert von < oder = 7. Es folgen die Therapiephasen der Erhaltungstherapie und Rückfallprophylaxe – für die Venlafaxin als einziges Antidepressivum explizit zugelassen ist. Aussage: Die Remission hat insofern besondere Bedeutung, als dass sie für den Patienten die Rückkehr in den euthymen Zustand bedeutet. Darüber hinaus steigt das Risiko eines Rückfalls, wenn die Remission nicht erreicht wird. Rückfall zunehmender Schweregrad der Erkrankung Symptom Response Progression in die Erkrankung × Syndrom Akut (6–12 Wochen) Erhaltung (4–9 Monate) Prophylaxe (1 Jahr) Behandlungsphasen Zeit Nach Kupfer,1991 18

19 Therapie: PharmakotherapieKlinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Therapie: Pharmakotherapie

20 Antidepressivaklassen mit dazugehörigen BeispielenKlinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Antidepressivaklassen Substanz (Handelsname, Beispiele) Klassische Antidepressiva Trizyklika Amitryptilin (Saroten®, Amineurin®), Nortryptilin (Nortrilen®), Doxepin (Aponal®), Imipramin (Tofranil®) Tretrazyklika Maprotilin (Ludiomil®) MAO-Hemmer (irreversiblel) Tranylcypromin (Jatrosom N®) MAO-Hemmer (reversiblel) Moboclemid (Aurorix®) Selektive Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI) Fluoxetin (Fluctin®), Fluvoxamin (Fevarin®), Paroxetin (Seroxat®), Citalopram (Cipramil®), Sertralin (Zoloft®) Selektive Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer (SNRI) Reboxetin (Edronax®) Duale selektive Serotonin- und Noradrenalin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSNRI) Venlafaxin (Trevilor®), Duloxetin (Cymbalta®) Präsynaptische Alpha-2-Antagonisten mit 5HT2/5HT3-Antagonismus (NaSSA) Mirtazapin (Remergil®) Selektive Noradrenalin-Dopamin-Wiederaufnahme-Hemmer (SNDRI) Bupropion (Elontril®)

21 Trizyklische AntidepressivaKlinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Substanz Handelsname (Bsp.) NA 5-HT AcH Sedierung Amitryptilin Saroten® + ++ +++ Trimipramin Stangyl® (+) Doxepin Aponal® Nortriptylin Nortrilen® - Clomipramin Anafranil® Imipramin Tofranil® Nebenwirkungen (UAW) und Behandlungsrichtlinien UAW: Mundtrockenheit, Obstipation, Akkomodationsstörungen, Müdigkeit, Schwindel, Orthostatische Dysregulation, Krampfanfälle, Blutbildschädigungen, Arrythmien, Gewichtszunahme, sexuelle Funktionsstörungen CAVE: Delir, Harnverhalt, Glaukomanfall Kontraindikationen beachten, Kontrolluntersuchungen!

22 MAO-Hemmer Substanz Handelsname (Bsp.) NA 5-HT AcH SedierungKlinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Substanz Handelsname (Bsp.) NA 5-HT AcH Sedierung Tranylcypromin Parnate® +++ ++ - Nebenwirkungen (UAW) und Behandlungsrichtlinien UAW: Unruhe, Hypotonie, Tremor, Schwindel, Palpitationen Tyraminarme Diät erforderlich CAVE: Hypertensive Krisen, Suizidalität (Antriebssteigerung), zentrales Serotoninsyndrom Lange Wirkdauer, Umstellungszeit Keine Kombination mit SSRI Moclobemind Aurorix® + UAW: Übelkeit, Schlafstörungen Keine Diät erforderlich, keine hypertensiven Krisen, kurze Umstellungszeit

23 Serotonin-Wiederaufnahme-Hemmer (SSRI)Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Substanz Handelsname (Bsp.) NA 5-HT AcH Sedierung Fluoxetin Fluctin® - ++ Fluvoxamin Fevarin® Paroxetin Seroxat® Sertralin Zoloft® +++ (+) Citalopram Cipramil® Escitalopram Cipralex® Nebenwirkungen (UAW) und Behandlungsrichtlinien UAW: Unruhe, Agitiertheit, Schlafstörungen, Übelkeit, Appetitlosigkeit, Schwindel, Kopfschmerzen, sexuelle Funktionsstörungen CAVE: Suizidalität Auf Arzneimittelinteraktionen achten (CYP450)

24 Neuere AntidepressivaKlinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Substanz Handelsname (Bsp.) NA 5-HT AcH Sedierung Venalfaxin Trevilor® ++ - Duloxetin Cymbalta® Nebenwirkungen (UAW) und Behandlungsrichtlinien UAW: Appetitlosigkeit, Übelkeit, Unruhe Mirtazapin Remergil® UAW: Müdigkeit, Benommenheit, Gewichtszunahme CAVE: Leukopenien Reboxetin Edronax® +++ (+) UAW: Mundtrockenheit, Schwitzen, Hypotonie, Übelkeit, Kopfschmerzen CAVE: Harnverhalt Buproprion Elontril® UAW: Leberfunktionsstörungen, Übelkeit, Kopfschmerzen, Krampfanfallsrisiko

25 AnwendungsprinzipienKlinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Prinzipien Inhalt Wirkmechanismen akut substanzabhängig: NA, 5-HT, DA, ...? chronisch: second messenger, ß-down-Regulation Durchführung wichtig: ausreichende Dosis und ausreichende Dauer langsame Dosisänderungen auf Nebenwirkungsprofil achten Interaktionen beachten, Kontrolluntersuchungen! Fahrtüchtigkeit u.a. abhängig von Substanz Antidepressiva machen nicht abhängig Wirklatenz fraglich, 7-28 Tage, auch Sofortwirkungen frühes Ansprechen prädiziert Response Kombination mit Psychotherapie, Stimmungsstabilisierer mit BZD oder Antipsychotikum möglich Nebenwirkungen substanzabhängig, v.a. TZA (anticholinerge) substanzabhängiges Risiko für Manien (switch)

26 Dosierungen (I) Wirkstoff Initialdosis (mg/Tag)Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Wirkstoff Initialdosis (mg/Tag) Standardtagesdosis (mg/Tag) Maximaldosis (mg/Tag) Trizyklische Antidepressiva Amitriptylin 50 150 300 Amitriptylinoxid 60 180 Clomipramin 25 Doxepin Imipramin Nortriptylin Trimipramin Tetrazyklische Antidepressiva Maprotilin 225 Mianserin 30 120 Chemisch andersartige Antidepressiva Trazodon 75 600 Selektive Serotonin-Wiederaufnahmehemmer (SSRI) Citalopram 20 40 Escitalopram 10 Fluoxetin 80 Fluvoxamin 100 200 Paroxetin Sertralin

27 Dosierungen (II) Wirkstoff Initialdosis (mg/Tag)Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Wirkstoff Initialdosis (mg/Tag) Standardtagesdosis (mg/Tag) Maximaldosis (mg/Tag) Selektive Serotonin-Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SSNRI) Venlafaxin 75 150 375 Duloxetin 60 120 Noradrenerg spezifisch serotonerge Antidepressiva (NaSSA) Mirtazapin 15 30 Selektive Noradrenalin-Wiederaufnahmehemmer (SNRI) Reboxetin 4 6 12 Selektive Noradrenalin-Dopamin-Wiederaufnahmehemmer (SNDRI) Bupropion 300 Monoaminoxidasehemmer (MAO-Hemmer) Moclobemid 600 Tranylcypromin 10 20 40 Melatoninagonisten Agomelatin 25 50 Atypische Antidepressiva Sulpirid 100 250 400

28 Nebenwirkungsüberblick (I)Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Generischer Name Anti-cholinergb Übelkeit/gastro-intestinal Sedation Schlaflosigkeit/Erregung Sexuelle Dysfunktion Orthostatische Hypotension Gewichts-zunahme Spezifische unerwünschte Nebenwirkungen Letalität bei Über-dosierung Agomelatin + CYP1A2-Substrat gering Amitriptylin +++ EKG-Veränderungenc; Senkung Krampfschwelle hoch Bupropion kann die Krampfschwelle herabsetzen Citalopram ++ QTC-Verlängerung > 40 mg/d Clomipramin mittel Doxepin Duloxetin Escitalopram QTC-Verlängerung > 20 mg/d Fluoxetin inhibitorische Wirkungen auf CYP2D6d Fluvoxamin inhibitorische Wirkungen auf CYP1A2, CYP2C19d Imipramin Kategorien der Stärke der Nebenwirkungen: +++ (hoch/stark), ++ (moderat), + (gering/schwach), – (sehr gering/keine) a die Nebenwirkungsprofile der Antidepressiva sind nicht vollständig und nur für einen groben Vergleich geeignet. Details zu den verwendeten Medikamenten, wichtige Warnhinweise und Wechselwirkungen sollten in einem Lehrbuch oder in Reviews (z. B. Kent 2000; Benkert und Hippius 2011), in der Originalliteratur, im Beipackzettel oder in der Roten Liste nachgelesen werden b diese beziehen sich auf Symptome, die gewöhnlich durch muskarinerge Rezeptorblockade ausgelöst werden, einschließlich Mundtrockenheit, Schwitzen, verschwommenes Sehen, Konstipation und Urinretention c Reizleitungsverzögerungen d Es werden nur die inhibitorischen Wirkungen auf hepatische CYP-450-Enzyme gezeigt, die klinisch relevant sind; für Details s. Brosen (1998) und Kent (2000) e Erhöhtes Risiko mit Nahrungsmitteln, die einen erhöhten Tyramingehalt haben, und mit Sympathikomimetika f in Kombination mit serotonergen Medikamenten

29 Nebenwirkungsüberblick (II)Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Generischer Name Anti-cholinergb Übelkeit/gastro-intestinal Sedation Schlaflosigkeit/Erregung Sexuelle Dysfunktion Orthostatische Hypotension Gewichts-zunahme Spezifische unerwünschte Nebenwirkungen Letalität bei Über-dosierung Maprotilin ++ + erhöhtes Anfallsrisiko/Krampfrisiko hoch Mianserin Blutdyskrasie (selten) gering Mirtazapin +++ Restless Legs Moclobemid Nortriptylin EKG-Veränderungenc; Senkung Krampfschwelle Paroxetin inhibitorische Wirkungen auf CYP2D6d Reboxetin Sertralin Tranylcypromin Hypertensive Krisee; Gefahr eines Serotonin-Syndromsf Trazodon Priapismus (selten) Trimipramin Venlafaxin Hypertension Kategorien der Stärke der Nebenwirkungen: +++ (hoch/stark), ++ (moderat), + (gering/schwach), – (sehr gering/keine) a die Nebenwirkungsprofile der Antidepressiva sind nicht vollständig und nur für einen groben Vergleich geeignet. Details zu den verwendeten Medikamenten, wichtige Warnhinweise und Wechselwirkungen sollten in einem Lehrbuch oder in Reviews (z. B. Kent 2000; Benkert und Hippius 2011), in der Originalliteratur, im Beipackzettel oder in der Roten Liste nachgelesen werden b diese beziehen sich auf Symptome, die gewöhnlich durch muskarinerge Rezeptorblockade ausgelöst werden, einschließlich Mundtrockenheit, Schwitzen, verschwommenes Sehen, Konstipation und Urinretention c Reizleitungsverzögerungen d Es werden nur die inhibitorischen Wirkungen auf hepatische CYP-450-Enzyme gezeigt, die klinisch relevant sind; für Details s. Brosen (1998) und Kent (2000) e Erhöhtes Risiko mit Nahrungsmitteln, die einen erhöhten Tyramingehalt haben, und mit Sympathikomimetika f in Kombination mit serotonergen Medikamenten

30 Ansprechraten von AntidepressivaKlinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie

31 Psychosoziale TherapienKlinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Therapie: Psychosoziale Therapien

32 Psychologische TherapienKognitive Verhaltenstherapie (KVT) nach Beck und Lewinsohn Interpersonelle Psychotherapie (IPT) nach Klerman und Weissman Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP) nach McCullough Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie (MBCT) nach Segal Psychodynamische Kurz- und Langzeitansätze Gesprächspsychotherapie (GT) Psychoedukation Internetgestützte Psychotherapie

33 Kognitive Verhaltenstherapie (KVT) nach Beck und LewinsohnKlinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Ziele: Therapiemanuale (Beispiele): Veränderung von negativen kognitiven Schemata Identifikation automatischer Gedanken und grundlegender Einstellungen Kritische Auseinandersetzung damit “Sokratischer Dialog” Verhaltensexperimente

34 Interpersonelle Psychotherapie (IPT) nach Klerman und WeissmanKlinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Ziele: Therapiemanuale (Beispiele): Anfangsphase (1.-3. Sitzung) Psychoedukation und Symptommanagement Zuweisung der Krankenrolle Beziehungsanalyse und Identifikation eines Problembereiches Therapievertrag Mittlere Phase ( Sitzung) Problembereich „Rollenwechsel“ Problembereich „Konflikt“ Problembereich „Trauer“ Problembereich „Einsamkeit/Isolation“ Beendigungsphase( Sitzung) Thematisieren des Therapieendes unter Berücksichtigung von Emotionen; Zusammenfassung des in der Therapie Erlernten und Ausblick auf die Zukunft

35 Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP) nach McCulloughKlinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Ziele: Therapiemanuale (Beispiele): Therapeutische Techniken des CBASP sind die spezifische Situationsanalysen und daraus abgeleitete Verhaltenstrainings und interpersonelle Strategien zur Gestaltung der therapeutischen Beziehung. Situationsanalyse lernen Patienten eine kausale Beziehung zwischen eigenen Verhaltens- und Denkmustern und den jeweiligen Konsequenzen herzustellen. Im Rahmen der interpersonellen Strategien wird eine auf die Bedürfnisse chronisch Depressiver adaptierte Rolle des Therapeuten realisiert. Patienten lernen zwischen vertrauten dysfunktionalen Beziehungsmustern und dem Verhalten des Therapeuten oder anderer Personen zu unterscheiden und negative Interaktionsmuster dadurch zu verändern

36 Achtsamkeitsbasierte Kognitive Therapie (MBCT) nach SegalKlinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Ziele: Therapiemanuale (Beispiele): MBCT wird in der Regel als Gruppentherapie mit maximal 12 Teilnehmern durchgeführt und umfasst (ebenso wie MBSR) acht Sitzungen, die in wöchentlichem Abstand durchgeführt werden. Es werden verschiedene achtsamkeits-bezogene Übungen (angelehnt an MBSR) eingeführt (z. B. Body-Scan, Atem-meditation, Achtsamkeitsmeditation, Gehmeditation, Yoga-Übungen). Parallel dazu werden klassisch kognitiv-verhaltenstherapeutische Interventionen durchgeführt (z. B. Psychoedukation zur Depression, Beobachtung von und Umgang mit automatischen Gedanken, Aufbau angenehmer Aktivitäten)

37 Psychodynamische Kurz- und LangzeitansätzeKlinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Ziele: Therapiemanuale (Beispiele): Berücksichtigung von Annahmen über unbewusste Prozesse, Abwehr, Widerstand und Übertragung/Gegenübertragung Drei Zielaspekte: Aktivität, dysfunktionale Kognitionen, ungünstige Affekt- und Beziehungsdispositionen Akute Depression: Aufbau einer Sicherheit gebenden Beziehung Aufklärung und Stützung Behandlung der Kernsymptome (Rückzug, Antrieb, Suizidalität) Nach Stabilisierung: Bearbeitung ungünstiger Beziehungsmuster (Idealisierung anderer, Selbstentwertung, daraus folgend Abhängigkeit) Bearbeitung ungünstiger Kognitionen Konkrete Problemlösung Langfristige Kompetenz- und Selbstwirksamkeitssteigerung

38 Psychoedukation bei DepressionKlinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Ziele: Therapiemanuale (Beispiele): Verbesserte Aufklärung und Wissen über die Erkrankung Emotionale Entlastung Unterstützung der Behandlung durch Förderung der Kooperation Verbesserter Umgang mit Stress Förderung der „Hilfe zur Selbsthilfe“ Verbessertes Wissen für Betroffene und Angehörige

39 Internetgestützte Psychotherapie bei DepressionKlinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie

40 Unipolare chronische und therapieresistente DepressionenKlinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Teil 2: Unipolare chronische und therapieresistente Depressionen

41 chronischen DepressionEpidemiologie der chronischen Depression Krankheitsaspekt Wissen Lebenszeitprävalenz 13–26 % für Depressionen insgesamt Ca. 30 % aller Depressionen verlaufen chronisch Punktprävalenz Geschlechterverhältnis 2 : 1 Frauen : Männer Erkrankungsalter Erstmanifestation meist vor dem 21. LJ, erste Symptome oft schon in der Kindheit Wichtige Komorbiditäten Angst- und Panikerkrankungen: 46 % Substanzmissbrauch und -abhängigkeit: ca. 30 % Persönlichkeitsstörung: mehr als 50 % Erblicher Faktor Für dysthyme Störungen konnte gezeigt werden, dass diese Erkrankungen häufiger bei Angehörigen 1. Grades von Major-Depression-Erkrankten auftreten als in der allgemeinen Bevölkerung Leitlinien APA 2007 NICE 2005 S-III Leitlinie der DGPPN: in Vorbereitung, evidenzbasierte Leitlinie im Auftrag der Fachgruppe Klinische Psychologie Quellenangaben: Voderholzer, U., Hohagen, F. Therapie psychischer Erkrankungen. Elsevier, 2013

42 therapieresistenten DepressionEpidemiologie der therapieresistenten Depression Krankheitsaspekt Wissen Lebenszeitprävalenz Keine verlässlichen epidemiologischen Zahlen1 Punktprävalenz Ca. 20 % aller Depressionen sprechen auf mindestens zwei Behandlungsversuche mit Antidepressiva nicht an (klinisch gängige Definition von Therapieresistenz); weitere 30 % dieser therapieresistenten Patienten sprechen auf einen dritten Behandlungsversuch an1 Geschlechterverhältnis 2,5–3 : 1 Frauen : Männer1 Erkrankungsalter Am häufigsten bei depressiven Patienten im mittleren Lebensalter1 Wichtige Komorbiditäten Angsterkrankungen, Substanzmissbrauch und -abhängigkeit, Persönlichkeitsstörungen1 Erblicher Faktor Leitlinien APA 20072; evidenzbasierte Leitlinie der World Federation of Societies of Biological Psychiatry (WFSBP)3 Quellenangaben: Voderholzer, U., Hohagen, F. Therapie psychischer Erkrankungen. Elsevier, 2013

43 Chronische Depressionen (I)Affektive Störungen Manische Episoden (F30) Bipolare affektive Störungen (F31) Depressive Episode, rezidivierende depressive Episoden (F32,33) Anhaltende affektive Störungen (F34) Zyklothymia (F34.0) Dysthymia (F34.1) Sonstige affektive Störungen (F38) gemischte Episode (F38.0)

44 Chronische Depressionen (II)Chronische major depressive Episoden (MDE mit einer Dauer von mehr als 2 Jahren) Dysthyme Störung (leichter ausgeprägte Symptomatik für länger als 2 Jahre) Zyklothymia Double Depression (MDE auf eine dysthyme Störung aufgesetzt) und MDE mit unvollständiger Remission.

45 Dysthymia (nach ICD-10) Klassifikation F34.1 Chronische depressive Verstimmung, nicht ausgeprägt genug, um die Kriterien einer rezidivierenden depressiven Störung zu erfüllen Meist monatelange Phasen depressiver Verstimmung, aber auch Tage bis Wochen mit normaler Stimmung Beginn meist früh im Erwachsenenleben, Dauer mindestens mehrere Jahre, manchmal lebenslang

46 Zyklothymia (nach ICD-10)Klassifizierung F 34.0 Anhaltende Stimmungsinstabilität mit nur gelegentlich normaler Stimmung Zahlreiche Perioden leichter Depression und leicht gehobener Stimmung, ohne die Kriterien für depressive oder manische Episoden zu erfüllen Beginn in der Regel im frühen Erwachsenenleben, chronischer Verlauf

47 Pharmakotherapie und PsychotherapiePsychotherapie und Pharmakotherapie der chronischen Depression Pharmakotherapie und Psychotherapie Bei chronischer Major Depression erwies sich nach der derzeitigen Datenlage eine Kombinationsbehandlung einer Psychotherapie und Medikation gegenüber einer alleinigen Behandlungsstrategie als signifikant überlegen Cognitive Behavioral Analysis System of Psychotherapy (CBASP): Dabei handelt es sich um das einzige spezifisch für chronische Depression entwickelte Verfahren. Bei diesem Ansatz werden behaviorale, kognitive und interpersonelle Strategien integriert.

48 Behandlungsstrategien bei Antidepressiva-Non-RespondernEs stehen verschiedene Behandlungsstrategien bei Teil- oder Non- Response auf einen adäquat durchgeführten ersten Versuch mit einem Antidepressivum zur Verfügung. Die Möglichkeiten sind: Dosiserhöhung Wechsel zu einem neuen Antidepressivum aus einer anderen pharmakologischen Klasse Wechsel zu einem anderen Antidepressivum aus derselben Klasse Kombination zweier Antidepressiva aus unterschiedlichen Klassen Augmentation des Antidepressivums mit anderen Wirkstoffen (z. B. Lithium, Schilddrüsenhormon, Pindolol, Östrogen, Buspiron) um die antidepressive Wirkung zu verstärken und Kombination des Antidepressivums mit einer psychotherapeutischen Intervention.

49 Pharmakologische Strategien bei chronischer / therapieresistenter DepressionKlinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Strategie Mechanismus/Klassifizierung Evidenzlevel Pharmakologische Augmentation Lithium Stimmungsstabilisierer A Quetiapin Atypisches Antipsychotikum Aripiprazol Olanzapin B Risperidon Carbamazepin Antikonvulsivum/Stimmungsstabilisierer C Valproat Lamotrigin D Pindolol 5-HT1A-Autorezeptor-Antagonist, Beta-Rezeptor-Blocker Buspiron 5-HT1A- und D2-Rezeptor-Agonist Stimulanzien Dopamin- und Noradrenalin-Ausschüttungs- und Wiederaufnahmehemmung Bromocriptin Dopamin(D2)-Agonist Pergolid Dopamin(D1/D2)-Agonist Reserpin Wiederaufnahmehemmung der biogenen Amine Hormonelle Augmentation Triiodthyronin (T3) Schilddrüsenhormon L-Thyroxin (L-T4) Östrogen (nur Frauen) Ovariales Steroidhormon Dehydroepiandrosteron (DHEA) Adrenales androgenes Hormon Sonstige Ketoconazol, Metyrapon Periphere Cortisolsuppression L-Tryptophan Essenzielle Aminosäure, 5-HT-Vorläufer Nicht-pharmakologisch Elektrokrampftherapie (EKT) Elektrische Stimulation um einen generalisierten Krampfanfall auszulösen Repetitive transkranielle Magnetstimulation (rTMS) Nicht-invasive Stimulation des zerebralen Kortex Vagusnervstimulation (VNS) Autonome Signale zu limbischen und kortikalen Arealen

50 Alternative Behandlungen bei chronischen DepressionenAlternative Behandlung bei Non-Respondern (40%-55%) Algorithmusgestüzte Behandlung Weitere medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten Additive Gabe von Antipsychotika bei psychotischer Depression Additive Gabe von Tranquilizern/Anxiolytika 3) Hirnstimulationsverfahren Elektrokrampftherapie (EKT) Repetitive Transkranielle Magnetstimulation (rTMS) Vagusnervstimulation (VNS)

51 Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit!Klinik und Poliklinik für Psychiatrie und Psychotherapie Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit! Bei Fragen bitte unter: